Unser verändertes Leben
Rückblick des Elternbeirates
Angesichts der alles beherrschenden Metamorphose unserer Gesellschaft, unseres Lebens und unserer Schule, die vom SARS-CoV-2 ausgelöst wurde, fällt es fast schon schwer sich daran zu erinnern, was bis Anfang März unser Denken und Handeln bestimmt hat. Die Gesellschaft hatte begonnen, ein Bewusstsein für umweltfreundliche Lebensformen zu entwickeln, im zwischenmenschlichen Austausch war die direkte Begegnung ein unverzichtbares Gegengewicht zur digitalen Welt und an unserem Karlsgymnasium waren es immer wieder die menschliche Verbundenheit und die offene Kommunikation, die wir als Vorzüge gerne genannt haben.
Dann kam Mitte März die große Erstarrung, das Schulhaus wurde zugesperrt. Jeder von uns war individuell betroffen und ist es noch. Direkte Kontakte waren meist tabu. Die Familie musste als Rettungsinsel funktionieren. Viele Angehörige waren leidtragend, besonders wenn sie hilfsbedürftig waren. Die Angst um die eigene Gesundheit wurde aktuelles Thema, die Begegnung mit anderen Menschen zum Risiko. Wirtschaftlich hat es nicht alle gleich getroffen. Die Kunst- und Kulturschaffenden etwa, denen ich persönlich sehr verbunden bin, haben ein trauriges Los gezogen. Und nicht nur die.
Die rigorosen Maßnahmen, die uns die Politik Mitte März verordnet hat, waren, wie man so schön sagt, alternativlos. Sie konnten mangels vergleichbarer Vorgänge und umfassenden Wissens nicht milder ausfallen. Und im Rückblick sind sie uneingeschränkt berechtigt.
Gleichzeitig haben in den vergangenen Wochen engagierte Journalisten wie René Schlott und Heribert Prantl in ihren Beiträgen die Sorge um die Grundwerte unserer Demokratie thematisiert. Wie man durch zahlreiche Leserbriefe und auch im persönlichen Austausch erfahren konnte, wurden diese Denkanstöße unserer freien Presse nicht immer wertgeschätzt. Ein Diskurs über die Verhältnismäßigkeit von Einschränkungen der Freiheitsrechte ist indes wertvoll und die Beispiele bei europäischen Nachbarn, wo der Notstand kühl berechnend machtpolitisch missbraucht wurde, zeigen uns, dass ein sorgenvoll aufmerksamer Blick auf unsere Demokratie gerechtfertigt ist.
Als ab 16. März der Schulbetrieb durch das Kabel passen musste, konnte das Karlsgymnasium auf die gut funktionierende Karls-Cloud zurückgreifen. Einen besonderen Dank an dieser Stelle an ihren Initiator Herrn Reissl. Im Gegensatz zu anderen Schulen hatten wir in den ersten Wochen der Notdigitalisierung eine Kommunikationsplattform, die etabliert war. Wie es dann mit den Kindern zu Hause weiterging, ist bestimmt in jeder Familie eine eigene Geschichte, je nach Alter, Arbeits- und Familienstruktur. Da ist es teilweise zu einer Menge von Nöten gekommen, wenn ein Elternteil wegen der Kinderbetreuung den beruflichen Verpflichtungen nicht in gewohnter Weise nachkommen konnte oder sich die Energieschübe der Kinder nicht mehr kanalisieren ließen. Die geringeren zeitlichen Strukturen waren allerdings auch ein gutes Versuchsfeld für das eigenverantwortliche Handeln unserer Kinder.
Zu Beginn des Schuljahres war der Workshop „Prävention Mediensucht“ in den siebten Klassen ein wertvoller Beitrag zum bewussten verantwortungsvollen und ausgewogenen Umgang mit den digitalen Medien. Was im Oktober noch die Suche nach einer feinen Balance war, wurde im März von der Realität diktiert. Die Präsenz im Internet wurde Pflicht für den Schulalltag und Ersatz für so vieles, was in der Realität nicht mehr möglich war.
Die Begriffe „Lockerung“ und „neue Normalität“, die uns in politischer Diktion für die nahe und mittlere Zukunft angeboten werden, sind nicht sehr inspirierend. Sie vermitteln überwiegend, dass das „Vorher“ nicht erreichbar ist. Der Gedanke an eine Metamorphose trägt dagegen die Hoffnung, dass etwas Neues, bisher Unbekanntes zum Vorschein kommt. Wir konnten im Lockdown neben den heftigen Einschränkungen und manchen Ängsten auch Entdeckungen machen. Einfache Dinge wie Kochen und Lesen haben Freude gemacht. Mancher Verzicht war gar keiner. Der Stillstand hat uns Zeit geschenkt. Die Natur war uns Menschen dankbar. Die kleinen und großen Egoismen haben vor der Notwendigkeit zur Solidarität kapituliert.
Es wäre überaus erfreulich, wenn wir uns unsere jeweiligen Entdeckungen bewahren könnten und wenn wir in dem vielfältigen Aufbau, der einige Zeit in Anspruch nehmen wird, all die Dinge, die wir als Erkenntnis und Bereicherung wahrgenommen haben, für die Zukunft verankern würden. Auch und gerade dann, wenn uns ein Impfstoff von dem mühseligen Regelwerk, das unseren Alltag bestimmt, schließlich befreit.
Der Elternbeirat dankt der Schulleitung, Herrn Franz, Herrn Gruber und Frau Daubenmerkl und dem gesamten Kollegium für ihr Engagement und die Improvisationskunst, innerhalb kürzester Zeit ein digitales Unterrichtsangebot auf die Beine zu stellen. Dafür war sehr viel Extraarbeit und Kreativität gefragt. Wir danken auch für die Umsetzung der neuen Hygiene- und Verkehrsregeln im Schulhaus und für den zusätzlichen Aufwand, der mit den geteilten Klassen einhergeht. Viel Unterstützung kam auch heuer wieder von Herrn und Frau Karges und durch das Team von Frau van Ess, Frau Maignan und Frau Löx waren Besuche im Sekretariat immer sehr erfreulich. Wir möchten uns auch bei Ihnen, liebe Eltern am Karlsgymnasium, für Ihre Mitarbeit und die Spenden bedanken, die unsere finanziellen Hilfen erst ermöglichen, ebenso beim Förderverein für die gute Zusammenarbeit.
Nun wünsche ich uns allen, dass wir mit der objektiven Gefahr durch das Virus verantwortungsvoll umgehen, dass es uns gelingt, das Leben überall dort, wo es möglich ist, positiv zu entwickeln, dass unsere Kinder im Präsenzunterricht wieder von den menschlichen Qualitäten der Lehrerinnen und Lehrer profitieren können und dass das Schulhaus langsam aber sicher wieder zu dem Ort der Begegnung wird, das es sein soll.
Der Elternbeirat wünscht Ihnen schöne Sommerferien, Gesundheit und einen guten Start ins neue Schuljahr!
Anton Rädler, Vorsitzender des Elternbeirates